10 Fragen an Stefan Brück
22.08.2016
Stefan Brück
Mitarbeiter beim Verlag "alea"
alea/Ravensburger
Hallo, Herr Brück! Es freut mich, dass Sie für das Interview Zeit gefunden haben. Können Sie sich einmal denjenigen vorstellen, die Sie vielleicht noch nicht kennen?
Ich bin 55 Jahre alt, lebe seit über 20 Jahren mit meiner Familie (1 Frau, 2 Kinder, 1 Katze) im schönen Bernau am Chiemsee, wo ich auch bereits seit Anfang der 90er Jahre als Spielredakteur arbeite. Seit der Übernahme von "F. X. Schmid" durch "Ravensburger" bin ich neben meiner Redaktionstätigkeit für Produkte des Ravensburger Spieleverlags alleinverantwortlich für die Marke "alea".
Können Sie Ihren Arbeitsalltag beschreiben? Was machen Sie so bzw. worin bestehen Ihre Tätigkeitsbereiche? Den ganzen Tag Spiele zu testen, wäre doch ein Traum für jeden Brettspielbegeisterten ;).
Ja, wäre es – aber auch nur ein, zwei Wochen lang – und dann würde auch das langweilig, wenn ohne Abwechslung.
Wie bereits erwähnt, meine Hauptverantwortung gilt der Entwicklung der "alea-Spiele". Dies beginnt bei der Auswahl (hierzu muss man tatsächlich viel spielen, allerdings in meinem Fall ausschließlich abends und an den Wochenenden, da ich tagsüber keine Mitspieler finde, da diese ja alle berufstätig sind), setzt sich fort über die umfangreichen Überlegungen zur thematischen wie auch illustrativen Umsetzung einer Idee, beinhaltet das Verfassen aller Texte (vor allem Spielregeln und Boden- oder Katalogtexte) und mündet in der Betreuung der Produkte auch nach dem Erscheinen.
Was war Ihr letztes Spiel, an welchem sie mitgearbeitet haben? Und welche Erfahrungen und Erlebnisse können Sie uns mitteilen?
Neben allen "alea-Spielen" (das aktuellste ist das jüngst erschienene "Broom Service Kartenspiel") betreue ich auch pro Jahr 3 bis 4 neue Spiele unterm Blauen Dreieck. Für 2016 waren das neben anderen "DREIst" und "Krazy Wordz", meinem aktuellen Lieblingsspiel! Ich hatte schon lange nicht mehr derart viel Spaß beim Testen wie mit diesem Spiel. Keine Partie ist vergangen, die nicht extrem lustig und unterhaltsam war. Und keine endete ohne die Frage zahlreicher Mitspieler, wann es dieses Spiel denn endlich zu kaufen gäbe! "Krazy Wordz" ist auf jeden Fall mein persönliches Spiel des Jahres … Für mich viel unterhaltsamer und lockerer als das sehr gute, aber auch extrem verkopfte "Codenames", das von keinem 10-14jährigen mit der Zange angefasst werden wird!
Sie haben in den 90er Jahren schon selbst Spiele entwickelt, wie z.B. "Disney's Bernard und Bianca im Känguruland". Haben Sie schon mal aus heutiger Sicht daran gedacht, ein komplexes Strategiespiel zu entwickeln? Sie haben ja durch das Testen einen gehörigen Erfahrungsschatz gesammelt ;).
Ja, das waren wilde Zeiten damals bei "Schmidt Spiele", meinem ersten Arbeitgeber … ;o) Für derartige Merchandising-Produkte hat meine Kreativität ausgereicht, für mehr aber nicht wirklich. Und das ist auch gut so. Sich ein Spiel vom Start weg einfallen zu lassen, ist etwas ganz anderes als es dann hinterher auf möglichst 100% zu bringen. Das eine können zahlreiche Autoren viel besser als ich, das andere kann ich ganz gut, warum also nach "Höherem" streben? So wie es ist, ist es für alle Beteiligten genau richtig.
Was ist eigentlich Ihr Lieblingsspiel von "alea" und warum?
Diese Frage wird verständlicherweise gern und häufig gestellt, und wird genauso gern und häufig von mir mit einem "Habe ich keines!" beantwortet. So etwas wie "Das, das gerade in engster Auswahl oder im Entstehen ist" wäre wohl noch am zutreffendsten. Doch kaum ist dieses dann fertig und produziert, kommt schon wieder das nächste um die Ecke und verlangt meine volle Aufmerksamkeit! Am meisten gespielt habe ich wohl "San Juan", weil es auf der "Brettspielwelt" so schnell und einfach geht – und weil es ein nach wie vor herausragendes 2-Personen-Spiel ist.
Gibt es ein Spiel, das aus Ihrer Sicht sehr gut ist, aber von der Community nicht so gut angenommen wurde und keinen großen Hype genoss?
Ich beantworte das jetzt mal nur für die "alea-Spiele" (sonst würde es auch den Rahmen sprengen … ;o): So, wie mir (und auch Stefan Feld als Autor selbst) der Hype um "Die Burgen von Burgund" im positiven Sinn nicht wirklich verständlich ist, verstehen wir – beide – nicht, warum z.B. "La Isla" in der Szene eher untergegangen ist. Für mich auch umso unverständlicher, weil im gleichen Jahr mit "Brügge" ein meines Erachtens deutlich glücksabhängigeres, aber dreimal so lang dauerndes Spiel herauskam, das von der Szene – für mich sehr überraschend – sehr gut angenommen wurde. Aber wenn man immer alles vorher wüsste … (hätte Schweinsteiger besser mal die Hand unten gelassen … ;o).
Wie hoch ist die Gefahr, dass man sein Hobby "verspielt", da man es komplett in den Arbeitsprozess integriert und auch ein gewisser Druck auf einem lastet? Kann die Leidenschaft bzw. Leichtigkeit da etwas zu kurz kommen?
Ja, die Gefahr besteht natürlich. Und ab und an spüre ich auch leichte Ermüdungserscheinungen, vor allem den so genannten "Strategiehämmern" gegenüber. Neben den vielen Testspielen spiele ich dann lieber einfachere, eher locker-lustige Spiele als noch weitere "3-Std.-Burner".
Testen Sie eigentlich auch mit den Autoren zusammen die Spiele oder immer in deren Abwesenheit? Und gibt es auch noch andere "Köpfe" im Team, mit denen Sie Spiele testen oder in anderen Bereichen kooperieren?
Ich teste eigentlich immer und viel und intensiv mit den Autoren zusammen, anders geht es auch gar nicht. Ansonsten habe ich noch drei, vier feste Gruppen, mit denen viel getestet wird. Und noch einige Veranstaltungen, wo dann auch intensiv getestet, geändert, getestet, geändert und noch mal getestet wird …
Was kommt noch in Zukunft aus dem Hause "alea" auf die Spieler und Spielerinnen zu?
Das weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt leider selbst (noch) nicht. Wir befinden uns gerade in der Recherche- und nicht Umsetzungsphase. Aber ich kann verraten, dass rechtzeitig zu Essen unser drittes Kartenspiel herauskommt, diesmal die recht pfiffige Kartenversion von "LAS VEGAS".
Was macht für Sie eigentlich ein gutes Brettspiel aus?
Da könnte ich nun einen ganzen, 600seitigen Roman schreiben – oder aber auch nur einen einzigen, allumfassenden Satz: Das Spiel muss der avisierten Zielgruppe – immer wieder – Spielspaß und -spannung geben, nicht mehr, aber auch nicht weniger.