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10 Fragen an Ralph Querfurth

12.07.2017

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Ralph Querfurth

Redakteur Kosmos

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Kosmos

Sie haben das Spiel "Imhotep" betreut, das zum "Spiel des Jahres 2016" nominiert wurde und sehr erfolgreich ist. Was war eigentlich Ihr Eindruck nach der allerersten Testpartie des Spiels?

Guten Tag Herr Querfurth,

vielen Dank, dass Sie sich für das Interview Zeit nehmen.

 Am besten stellen Sie sich selbst denjenigen vor, die Sie noch nicht kennen :).

 

 

Hallo, ich bin Ralph Querfurth, 37 Jahre alt, leidenschaftlicher Spieler und seit 9 Jahren Redakteur für Familien- und Erwachsenenspiele beim "KOSMOS Verlag" in Stuttgart.
Neben "EXIT" bin ich für die "Ubongo-Reihe" und verschiedene andere Neuheiten verantwortlich - wie letztes Jahr z. B. "Imhotep" oder "Kerala".

Sie haben das Spiel "Imhotep" betreut, das zum "Spiel des Jahres 2016" nominiert wurde und sehr erfolgreich ist. Was war eigentlich Ihr Eindruck nach der allerersten Testpartie des Spiels?

Das Spiel hat mich auf Anhieb begeistert - sowohl persönlich als auch aus Redakteurssicht. Nach der ersten Partie war für mich sofort klar, dass wir uns das unbedingt genauer anschauen und daran arbeiten sollten.
Der intuitive Einstieg ins Spiel, die eleganten Regeln, die eine Menge Spieltiefe erzeugen, die hohe Interaktion durch das Fahren der Boote, Emotionen ... da hat wirklich ganz viel gestimmt. Die großen Bausteine aus Holz gab es schon im Prototyp - sie trugen enorm zum positiven Spielgefühl bei. Darum war klar, dass wir diese auch für das fertige Spiel beibehalten wollen.
Und dann hat es auch gar nicht allzu lange gedauert, bis entschieden war, dass wir das Spiel wirklich herausbringen werden.

Imhotep Brettspiel
Welche Änderungen haben Sie denn konkret an "Imhotep" noch vorgekommen, nachdem der Entwickler (Phil Walker-Harding) den Prototypen eingereicht hat?

Wichtig war mir, das Spiel mit noch mehr Abwechslung zu versehen. Der Prototyp besaß vier Boote und die Ortstafeln waren nur einseitig bedruckt, sodass in jeder Partie dieselben Orte mit denselben Booten befahren wurden. Darum habe ich dem Autor Phil Walker-Harding vorgeschlagen, dass wir die Ortstafeln beidseitig bedrucken und weitere Boote ins Spiel bringen. Ich habe mir eine Auswahl an acht Booten überlegt und die Runden-Karten entwickelt, die je nach Spielerzahl vorgeben, welche Boote in welcher Runde zur Verfügung stehen. Die B-Seiten der Ortstafeln sind in Zusammenarbeit mit Phil entstanden.
Außerdem haben wir ein Problem beseitigen können, das in einigen Partien aufgetaucht ist: Da die Minimumbeladung aller Boote (egal welcher Größe) im Prototyp nur einen Stein betrug, wurden häufig gerade in der letzten Runde fast leere Boote gefahren. Das hat sich nicht gut angefühlt - weder spielerisch noch thematisch. Darum gibt es jetzt unterschiedliche Minimumbeladungen - je nach Schiffsgröße.
Die Auswahl und Funktionen der Markt-Karten und auch die Siegpunktwerte haben wir ebenfalls in Abstimmung mit Phil optimiert.

Personen aus der Brettspielszene kommen ursprünglich aus unterschiedlichsten Berufszweigen. Wie sieht es mit Ihnen aus? Wie sind Sie zu der Brettspielszene gelangt und was haben Sie vorher gearbeitet, bevor Sie bei "Kosmos" angefangen haben?

Als Jugendlicher waren neben "BattleTech" eher Computerspiele die bevorzugte Freizeitbeschäftigung. Aber dann habe ich "CATAN", "Carcassonne" und "Tichu" kennengelernt und die Brettspielleidenschaft wurde zum Hobby Nr. 1.

Während meines Automobiltechnik-Informatik-Studiums war ich jedes Jahr auf allen möglichen Spieletreffen unterwegs und natürlich in Essen. "Carcassonne" und "Tichu" habe ich sogar turniermäßig gespielt. Ich war 4x "Carcassonne"-Weltmeister und 1x Deutscher "Tichu"-Meister - allerdings bin ich inzwischen doch ziemlich aus der Übung :-).

Gegen Ende des Studiums habe ich dann von Christian Hildenbrand (Redakteur bei "Amigo") erfahren, dass "KOSMOS" eine Volontariatsstelle zum Spieleredakteur ausgeschrieben hat. Ich habe nicht lange überlegt, mich beworben, vorgestellt und bin glücklicherweise genommen worden. So konnte ich mein Hobby zum Beruf machen.

 Sie haben auch die erfolgreichen "Exit-Spiele" betreut, die von Inka und Markus Brand entwickelt wurden. Haben Sie als Redakteur einen konkreten Einfluss auf die Spiele genommen oder wurden diese 1 zu 1 übernommen?

Im Herbst 2014 habe ich von einem sogenannten "Escape Room" in Stuttgart erfahren. Das klang sofort spannend: "Als Team unter Zeitdruck Rätsel lösen!"

Am nächsten Tag habe ich in der Mittagspause davon erzählt und gefragt, ob wir das im Kollegenkreis mal ausprobieren möchten. Wenig später war die Idee geboren, das Ganze auch als Brettspiel umzusetzen. Als wir dann bei einem Spieletreffen zufällig von Inka und Markus erfuhren, dass diese demnächst ihren ersten Escape Room besuchen werden, war klar, wen wir für dieses Projekt fragen müssen.

Ich habe mir das Konzept der "EXIT-Spiele" überlegt - unterstützt von meiner Kollegin, Sandra Dochtermann. Wir wollten, dass die Spiele genau in dieses Schachtelformat passen. Sie sollten ein Buch und eine Decodier-Scheibe enthalten und über Karten gesteuert sein (Karten mit neuen Rätselhinweisen, Karten zur Lösungsüberprüfung und Hilfe-Karten). Inka und Markus haben daraus ein geniales System entwickelt, wie man per Decodier-Scheibe und den Lösungs-Karten die Codes überprüft.

Damit maximal coole und verblüffende Rätsel möglich sind, haben wir auch ganz klar gesagt, dass ein "Zerstören" des Spiels erlaubt ist. Die visuellen und haptischen Effekte, die so ermöglicht werden, gehen weit über das hinaus, was ohne Zerstören machbar ist.

Exit Spiele Kosmos
Für was stehen die Spiele vom Verlag "Kosmos" aus Ihrer Sicht?

Die Bandbreite der "KOSMOS-Spiele" ist groß - von einfachen Kinderspielen ("Drecksau", "Können Schweine fliegen?") über spannende Familienspiele ("Ubongo", "Machi Koro") und erfolgreiche Lizenzspiele ("Der Herr der Ringe", "Halt mal kurz") hinzu taktischen Kennerspielen ("Die Legenden von Andor", "Die Säulen der Erde") ist so gut wie alles dabei. Alle Spiele verbindet, dass wir besondere Spielkonzepte zu marktreifen Produkten mit toller Ausstattung, schöner Gestaltung und verständlicher Spielanleitung fertig entwickeln wollen. Wenn ich höre. dass Menschen ein Spiel immer wieder spielen wollen und ihre Familie und Freunde damit "anstecken", bin ich zufrieden ... außer bei "EXIT" - da muss eine Partie reichen ;-). Dafür gibt's da aber ja mehrere, verschiedene Boxen.

Machi Koro
Welche Tätigkeitsbereiche decken Sie neben dem Testen von Prototypen noch ab?

Das Testen von Prototypen macht tatsächlich nur einen sehr kleinen Teil meiner Arbeit aus. Die Bearbeitung von Spielen ist auch eine Projektmanagementaufgabe. Dazu gehört, zusammen mit der Entwicklungsabteilung und dem Einkauf das Spielmaterial zu klären, sich Thema, Titel, Gestaltung zu überlegen, von Illustratoren und Grafikern das Spiel gestalten zu lassen, die Anleitung zu schreiben usw.

Die meiste Zeit sitze ich am Rechner, formuliere Briefings, beantworte Mails, telefoniere mit Autoren, anderen Abteilungen, Illustratoren und Grafikern oder nehme an Besprechungen teil. Das Testen und Optimieren der Spiele mit Kollegen/innen und Freunden/innen fällt dann oft auch in die Freizeit.

Wie muss eigentlich ein guter Prototyp für Sie sein?

Ein guter Prototyp im Sinne von "ein gutes Spiel" muss mich packen. Ich muss nach dem Spiel das Gefühl haben "Das will ich noch mal spielen! Das möchte ich noch weiter erkunden.". Das kann an ganz unterschiedlichen Dingen liegen. Bei einem einfachen "Fun-Spiel" sind andere Emotionen im Spiel als bei einem Strategiespiel. Aber Begeisterung als Emotion ist nie verkehrt :-)

Und ich muss feststellen können, dass ich das "so noch nicht gespielt habe". Ein gutes Spiel, das sich dann aber ziemlich genau nach" schon Bekanntem" anfühlt, hat deutlich weniger Chancen.

Wissenschaftliche Parameter gibt es aber leider nicht. Die Entscheidungen fallen aufgrund der Kenntnis des Marktes und jahrelanger Erfahrung.

 Mit "Exit" sind Sie für das "Kennerspiel 2017" nominiert. Wie wurde das von Ihnen und Ihren KollegInnen aufgenommen?

Da wären wir wieder beim Stichwort "Begeisterung" :-). Wenn ein Projekt, in das man so viel Arbeit gesteckt hat, zum "Kennerspiel" nominiert wird, ist das einfach großartig. Das ist wie eine Oscar-Nominierung. Und darüber freut sich natürlich der gesamte Verlag gemeinsam mit den Autoren.

Vielleicht kann man Ihnen noch etwas über zukünftige Produkte entlocken...:) Gibt es Projekte, an denen Sie gerade arbeiten?

Die nächsten Projekte sind gar nicht mehr so geheim. In Essen wird eine "Imhotep-Erweiterung" erscheinen - mit 5 neuen Orts-Tafeln, 4 Streitwagen als Spielfiguren, neuen Markt-Karten, Götter-Prophezeiungen usw.

Und natürlich wird es neues "EXITs" geben. Eines davon betreue ich wie bisher selbst, während die beiden "Einsteiger-EXITs" von zwei meiner Kolleginnen betreut werden.

Wir versehen die "EXIT-Spiele" künftig mit Level-Logos. Die bisher erschienen Titel sind alle für "Fortgeschrittene" bzw. "Profis". Ab Oktober werden wir dann auch das Level "Einsteiger" einführen. Hier sind die Rätsel etwas einfacher und es wird immer klar sein, welche Rätsel-Karten zum aktuellen Rätsel gehören. So werden die Spieler noch mehr durch das Spiel geführt. Da die Spiele dann linearer sind, geben wir diese Spiele dann für 1-4 Spieler ab 10 Jahren an. Aber auch geübte "EXIT-Spieler" werden mit diesen Boxen Spaß haben können, denn die Rätsel sind wieder sehr clever und originell. Man wird dann als Profi vermutlich in unter 60 Minuten fertig sein, aber eher unwahrscheinlich in unter 45 Minuten.

Und auch 2018 soll es mit "EXIT" weitergehen. Darüber kann ich aber noch nichts verraten :-)

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