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 10 Fragen an Reiner Stockhausen

23.04.2016

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Reiner Stockhausen

Inhaber "DLP Games"

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DLP Games

Hallo Herr Stockhausen, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, um die Fragen des Brettspiegels zu beantworten.

Sie sind der Geschäftsführer von "dlp Games", einem kleineren Spieleverlag in Herzogenrath. Wie schwer ist es, neben den Riesen der Brettspielindustrie zu bestehen? Und was würden Sie Leuten raten, die ihre Leidenschaft zum Spielen mittels einer Verlagsgründung zur Berufung machen möchten?

Hallo, ich bedanke mich für die Gelegenheit, an Ihrer Interviewreihe teilzunehmen.

In einer Marktwirtschaft gibt es immer genug Platz für Kleine und Große, solange man Bedürfnisse von Menschen befriedigt. Ein kleiner Biobäcker kann auch neben Großbäckereien bestehen, da er die Lücken füllt, die die Riesen nicht abdecken können. Ein Verlag ist schnell gegründet. Man sollte aber versuchen, möglichst alles zu bedenken, was damit zusammen hängt und was folgt. Wer unabhängig von einem anderen Verlag ein Spiel rausbringen möchte, sollte vielleicht zunächst Crowdfunding in Erwägung ziehen.

Als Verlagsinhaber können Sie uns sagen, welchen anderen Verlag Sie sehr schätzen oder welcher Verlag aus der Masse heraussticht und warum?

Ich selbst habe ja mein erstes Spiel als Autor beim "Hans-im-Glück-Verlag" rausgebracht und bin dem Verlag noch immer dankbar und verbunden. Und dass die gute Spiele machen, weiß ja auch jeder. Ansonsten möchte ich eigentlich keinen besonders hervorheben, da ich eine ganze Reihe von Verlagen aus unterschiedlichen Gründen schätze – kleinere wie größere.

Einige selbstentwickelte Spiele, wie z.B. "Orleans" oder "Siberia" haben Sie mit Hilfe Ihres eigenen Verlages produziert. Besonders oft, auch bei anderen Spielen Ihres Verlages, sticht hervor, dass der Illustrator Klemens Franz für die optische Erscheinung der Spiele zuständig ist. Ist er sozusagen Ihr "Hausillustrator", verbindet Sie evtl. eine Freundschaft und was schätzen Sie an seiner Arbeit?

Ja, Klemens ist sozusagen Hausillustrator. Er hat sicherlich viel mehr beigetragen als nur schöne Illustrationen. Die Kommunikation läuft einfach hervorragend, sodass auch ohne viele Worte jeder weiß, wohin die Reise bei der Entwicklung eines Spiels geht.

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Können Sie den Lesern und Leserinnen Einblicke in die Entwicklung von "Orleans" geben? Vor welche Herausforderungen wurden Sie gestellt?

Da ich ja schon sehr lange Spiele entwickle, entstehen die Spiele meist aus verschiedenen Konzepten bzw. fließen oft Ideen aus unterschiedlichen Zeitabschnitten mit ein. Von daher ist das Entwickeln immer ein komplexer Vorgang, bis das Gerüst steht. Aus einer Art Ideenchaos bildet sich langsam so etwas wie Ordnung heraus. Bei "Orléans" gab es schon lange vorher die Idee mittels unterschiedlicher Kombination von Elementen (die schließlich in Orléans Personenplättchen bzw. Holzfiguren geworden sind) Aktionen auszulösen. Das Zufallselement, dass die Plättchen aus einem Sack gezogen werden, wurde ja bereits bei "Siberia" eingesetzt. Doch das war Vielen zu zufällig, so dass die Idee entstand, dass man seine Auswahl selbst managen und somit auch das Zufallselement selbst beeinflussen kann. So kann man nun Personen anwerben und auch wieder loswerden, indem man sie zu den sogenannten "Segensreichen Werken" schickt. Neben diesem "Bagbuilding-Element" fanden noch viele weitere Mechanismen Eingang in "Orléans", doch es wäre zu ausufernd, diese im Detail zu schildern. Ich denke auch, dass der "Bagbuilding-Mechanismus" im Vordergrund stand.

Nach der erfolgreichen Veröffentlichung der Erweiterung zu "Orleans", kann man da auf eine weitere Erweiterung gespannt sein, oder soll es bei einer großen Erweiterung bleiben?

Es wird voraussichtlich zur Messe in Essen eine Erweiterung geben, die das Spiel variantenreicher macht – also unter anderem mit neuen Ereigniskarten. Darüber hinaus sind die Pläne noch nicht so konkret, dass ich das hier schon klar benennen könnte.

Aktuell wurde das neue Brettspiel "Böhmische Dörfer" veröffentlicht. Welche drei Argumente würden Sie anbringen, warum man das Spiel kaufen sollte? 

Es ist kein komplexes Vielspielerspiel, sondern ein lockeres Würfelspiel, das insbesondere Gelegenheitsspieler anspricht. Zur „Spiel“ wird es dann – wenn nichts schief geht – wieder ein großes komplexes Spiel geben. Die 3 Argumente pro Kauf sollte jeder selbst herausfinden. Wenn jemand meint, 1. es gefällt mir, 2. es macht mir Spaß und 3. ich spiele es gern, dann wären das die drei besten Argumente.

 Sind evtl. auch neue Grundspiele für die "SPIEL" dieses Jahres in Planung. Können Sie evtl. schon etwas verraten?

Neben der schon erwähnten Erweiterung für "Orléans" wird es noch mindestens ein weiteres Spiel geben. Im Moment laufen noch die Planungen, auf welches Projekt wir uns in den nächsten Monaten redaktionell fokussieren werden, um das Spiel bis zur Messe fertig zu stellen. Darüber hinaus laufen Verhandlungen um ein Spiel, das wir gerne für den deutschen Markt in Lizenz rausbringen würden.

 Sie haben im Jahr 2007 mit Michael Bully Herbig das "Michael Bully Herbig Spiel: Trilogie" entwickelt. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm? Jetzt mal ehrlich: Ist er auch hinter den Kulissen ein Witzbold oder eher dann doch komplett ernst?

Wir haben ihn nie zu Gesicht bekommen. Wir hatten hauptsächlich mit den Autoren seines Teams zu tun, die uns mehr oder weniger freie Hand bei der kreativen Arbeit gelassen haben und eher darauf aufgepasst haben, dass die Wortwahl und der Humor zur "Marke" Bully passten.

Was würden Sie Menschen entgegnen, die sagen: „45 Euro für ein Brettspiel ("Orleans")! Das ist mir zu teuer und dann dazu noch Versandkosten zahlen. Wo leben wir denn?“ ;)

Das ist mal eine schöne Frage, auf die ich gerne antworte. Zunächst mal ist es ganz einfach so, dass ich – im Gegensatz zum Staat z.B. – niemanden zwinge, den Preis zu bezahlen. Es gibt also nur ein Angebot. Wem das zu teuer ist oder wer meint, er erhalte dafür keinen angemessenen Gegenwert, der muss es ja nicht kaufen. Offenbar ist "Orléans" aber genügend Menschen der Preis, der dafür verlangt wird, wert. Leider sind Spieler durch Verlage, die nach 1 bis 2 Jahren gute Spiele zu einem Preis verkaufen, der nicht einmal das enthaltene Material abdeckt, an eine Entwicklung gewöhnt worden, die weder gerecht ist (weil die ersten Käufer immer einen viel höheren Preis zahlen als die, die lange genug warten) noch die in Spielen enthaltene Arbeit wertschätzt. Wenn Sie nicht gerade bei einem Billighersteller, der vielleicht in Pakistan herstellen lässt, ein Hemd oder eine Jeans kaufen, so wird ein Preis von 45 Euro dafür meist nicht als zu hoch eingeschätzt. Haben die Hemden- oder Jeanshersteller aber (mindestens) ein Jahr lang an der Entwicklung dieses Kleidungsstücks gesessen und 700 Mails hin- und hergeschickt, mit 20 Gruppen getestet, an Regeln gefeilt, die von 5 Personen gegengelesen wurden und schließlich noch in Messen investiert, um die Jeans vorzustellen und ausprobieren zu lassen? Und wer ein Spiel rein an seinem Material misst, der sollte vielleicht beim nächsten Mal im Bäckerladen erklären, dass er nicht bereit sei, 30 Cent für ein Brötchen zu bezahlen, sondern maximal 1,5 Cent, weil so viel das enthaltene Mehl und Salz kostet.

Wie finden Sie eigentlich die Verschmelzung zwischen analogen und digitalen Spielen? Gibt in dieser Hinsicht seitens Ihres Verlages schon Überlegungen?

Das ist ein Thema, mit dem ich mich so gut wie gar nicht beschäftigt habe und zu dem ich deshalb nichts sagen kann.

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